eXact - Elektrifizierung der Baumaschine der nächsten Generation
Zielsetzung
Im Projekt eXact entwickelten Studierende der ETH Zürich, der OST – Ostschweizer Fachhochschule und der FH Nordwestschweiz in Zusammenarbeit mit der SUNCAR AG, Volvo Construction Equipment, Ewellix und weiteren Partnern in den letzten 5 Jahren eine Baumaschine der nächsten Generation.
Ziel war es, den bestehenden elektrischen Kompaktbagger Volvo ECR25 Electric durch gezielte Systeminnovationen effizienter, produktiver und nachhaltiger zu gestalten. Dabei sollten in einem ersten Schritt hydraulische Komponenten, die grosse Energieverluste verursachen, durch elektrische Linearaktuatoren ersetzt werden. Gleichzeitig sollten Automatisierung, Sicherheit und Bedienkomfort gesteigert werden. In einem weiteren Schritt wurde die letzte hydraulische Hauptfunktion des Baggers ergänzt: der Schwenkantrieb. Ziel war es, diesen in einen direkt elektrischen Antrieb zu überführen, um die Hydraulikpumpe vollständig ersetzen zu können und die Energieeffizienz weiter zu erhöhen.
Technische Umsetzung
- Antriebe: Ersetzt wurden die drei Hauptzylinder (Ausleger, Stiel und Löffel) durch leistungsstarke elektrische Linearaktuatoren. Diese auf Kugelgewindetrieben basierenden Antriebe ermöglichen eine präzise, verlustarme Kraftübertragung. Herausforderungen lagen in der Integration von Motoren, Getrieben und Kühlung bei begrenztem Bauraum sowie im Schutz gegen Staub und Stösse auf der Baustelle.
- Controls: Das Steuerungssystem wurde vollständig neu aufgebaut. Sämtliche Aktuatoren, Sensoren und Sicherheitsfunktionen werden über eine zentrale Steuereinheit vernetzt. Die Kommunikation erfolgt über CAN-Bus-Netzwerke, und Notabschaltungen gewährleisten höchste Betriebssicherheit.
- Artifical Intelligence: Über ein Augmented-Reality-System werden dem Maschinenführer in Echtzeit Daten wie Position, Neigung oder Arbeitsbereich visualisiert. Eine eigens entwickelte Applikation ermöglicht zudem die drahtlose Datenübertragung und Zustandsüberwachung.
Für den direkt elektrischen Schwenkantrieb wurde zuerst das hydraulische Basissystem des Volvo ECR25 vermessen und analysiert, um das erforderliche Drehmoment, Trägheitsmomente und Energieverbräuche zu bestimmen.
Darauf basierend wurde ein kompakter Elektromotor mit integriertem Planetengetriebe und Bremse ausgewählt. Die elektrische Integration erfolgte über einen Inverter und das bestehende Steuerungssystem.
Ergebnisse
Im ursprünglichen Volvo ECR25 Electric erzeugte ein zentraler Elektromotor den Hydraulikdruck für alle Aktuatoren – ein Ansatz, der zu erheblichen Verlusten führt, insbesondere durch Pumpenleerlauf und Drosselverluste. Durch die Umstellung auf elektrische Direktantriebe konnte der Energieverbrauch signifikant reduziert werden.
Im Projekt wurde durch den Einsatz elektrischer Antriebe die Möglichkeit geschaffen, kinetische und potenzielle Energie während des Abbremsvorgangs zurückzugewinnen und in die Batterie einzuspeisen. Diese regenerative Bremsfunktion führt zu einer signifikanten Steigerung der Gesamteffizienz, da bislang ungenutzte Bewegungsenergie erneut nutzbar gemacht wird.
Durch die Kombination des höheren Wirkungsgrads der elektrischen Antriebe mit der zusätzlichen Rekuperationsfähigkeit konnte der Energieverbrauch des Schwenkantriebs um nahezu 90 % reduziert werden. Darüber hinaus ermöglichte die digitale Ansteuerung und Regelung eine Erhöhung der maximalen Schwenkgeschwindigkeit um rund 30 %.
Die Effizienzsteigerung des Baggerarms mit elektrischen Linearaktuatoren lag je nach Einsatzszenario zwischen 30 % und 80 %. Der Wirkungsgrad ist dabei stark von der jeweiligen Arbeitsaufgabe abhängig: Beim Graben in festem Untergrund fällt die Effizienzsteigerung geringer aus, während sie bei Arbeiten mit geringerer Last – beispielsweise beim Planieren – deutlich höher ist. Der Grund hierfür liegt im bedarfsorientierten Energieeinsatz des Systems mit Linearaktuatoren: Im Gegensatz zu hydraulischen Systemen, bei denen die Pumpe permanent in Betrieb ist, wird im elektrischen System nur die tatsächlich benötigte Energie abgerufen.
Das kombinierte System aus elektrischen Linear- und Schwenkantrieben bestätigt das Potenzial vollelektrischer Baumaschinen:
- Deutlich gesteigerter Wirkungsgrad durch Wegfall der Hydraulikverluste
- Präzisere Bewegungen und reproduzierbare Steuerung
- Verbesserte Arbeitssicherheit dank integriertem Not-Aus und Sensorüberwachung
- Innovative Benutzerführung durch Augmented Reality basierte Anzeige
Vergleichsmessungen im Rahmen von Effizienztests zwischen hydraulischem und elektrischem System ergaben:
- 86,8 % geringerer Energieverbrauch pro 10-minütigem Schwenkzyklus (254 Wh → 33 Wh)
- 89 % weniger Energie pro Zyklus
- 25 % mehr Arbeitszyklen in derselben Zeit
- Deutlich bessere Regelbarkeit und reduzierte Geräuschentwicklung
Fazit & Ausblick
Das Projekt eXact zeigt, dass die vollständige Elektrifizierung der Arbeitsfunktionen eines Baggers technisch machbar und energetisch sinnvoll ist. Das Projekt zeigte ebenfalls, dass ein vollständig elektrischer Schwenkantrieb für kompakte Baumaschinen technisch machbar ist und enorme Effizienzgewinne ermöglicht. Es entstand somit ein nahezu komplett hydraulikfreier, vollelektrischer Bagger mit deutlich verbessertem Energieverbrauch, Steuerbarkeit und Nachhaltigkeit.
Künftige Arbeiten sollen sich auf Langlebigkeit, Robustheit und die Weiterentwicklung der Steuerung bis hin zu teilautonomen Anwendungen konzentrieren.
Projektpartner
ETH Zürich – Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik (MAVT)
OST – Ostschweizer Fachhochschule
FH Nordwestschweiz – Hochschule für Technik
SUNCAR AG – Technische Betreuung und Integration
Volvo Construction Equipment – Maschinenbasis und Testsupport
Ewellix – Linearaktuator
Datenblatt Projekt eXact (PDF)